Wirtschaft
Der 23. Mai 2013 hätte für Jürgen Fitschen ein Tag des Klartextes werden können. An diesem Tag sprach der Co-Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank vor der Jahreshauptversammlung des Unternehmens. Eine gute Gelegenheit für Fitschen, sein Wirken als Manager in die Öffentlichkeit zu tragen. Im Publikum saßen viele Kleinaktionäre, und es war eine der wenigen Reden eines Spitzenmanagers, die es in Auszügen ins Fernsehen schafften. Aber es wurde ein Tag der Unverständlichkeit. »GTB ist wachstumsstark und er- zielt kontinuierlich attraktive Renditen bei einer relativ ge- ringen Kapitalbindung sowie solidem Risikomanagement«, sagte Fitschen zum Beispiel. Und: »CB & S ist jederzeit in der Lage, sich an schwierige äußere Umstände anzupassen und erfolgreich zu sein. Der Bereich ist auf profitables Wachstum und Effizienz ausgerichtet – im Einklang mit der Unternehmenskultur der Deutschen Bank und ihren Werten.«
Sein längster Satz bestand aus beeindruckenden 48 Wörtern: »Danke für Ihren großartigen Einsatz, für Ihre sehr guten Leistungen und dafür, dass Sie in einer für Banker schwierigen Zeit zu dieser Bank stehen und – in welchem Land und welcher Stadt auch immer Sie Ihrer Arbeit nachgehen – Ihren ganz persönlichen Beitrag dazu leisten, dass unsere Bank erfolgreich ist.«
35 Minuten sprach Fitschen, und die wenigsten Zuhörer dürften noch ganz bei der Sache gewesen sein, als er ihnen versicherte: »Wir sind gut aufgestellt und für die Zukunft gut gerüstet.« Ganz zum Schluss gab er die Devise aus: »Jetzt heißt es ›Kurs halten‹.« Höflicher Applaus. Es war sicherlich nicht die beste Rede des Jahres 2013, aber eine der bestbezahlten. Fitschen bekam für seinen Chefposten in jenem Jahr eine Vergütung von 7,47 Millionen Euro.
Chance vertan also. Aber alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen. Ein Team von Kommunikationsforschern der Universität Hohenheim hat alle Reden der Dax-30-Chefs vor den Hauptversammlungen des Jahres 2013 analysiert und festgestellt, dass dort überwiegend unverständliches Kauderwelsch geredet wurde. Frank Brettschneider und seine Mitarbeiter durchleuchteten die Reden mit einem Computerprogramm, das die Texte …